Dieser Tage geht ein Urteil des BGH durch die Newsspalten, welches sehr viele Fragen aufwirft. Es wurden zwei Männer verurteilt, weil sie scheinbar Zauber-CBD verkauft haben, welches bei der Erhitzung auf wundersamerweise mehr THC entwickelt, als erlaubt.

Wie ist das möglich und wo kann ich dieses CBD jetzt kaufen?

Der Sachverhalt 

Im Juli 2021 wurden zwei Männer verurteilt, weil sie (laut Berliner Landgericht) bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmittel in nicht geringen Mengen betrieben haben. Dabei haben sie 120kg (manche Quellen sprechen von 60kg) CBD-Blüten von einem offiziellen Händler in Spanien erworben. Die Männer vertrieben das CBD dann an verschiedene Händler und Spätshops.  

Diese Blüten hatten beim Kauf einen THC-Gehalt von max. 0,2 %, also bis hierhin alles rechtmäßig.

Bei der Erhitzung soll nun aber angeblich weiteres THC freigesetzt worden sein, womit der Anteil dann über 0,2% lag (Urteil vom 12.10.2022). Das grenzt an ein Wunder.

Der Hauptangeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, der Mitangeklagte zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten.

Die beiden sind in Revision gegangen.

Die Revision 

In der deutschen Rechtswissenschaft ist eine Revision im Strafrecht ein Mittel, um die Rechtmäßigkeit und den Umfang einer Strafe zu überprüfen. 

Ob die beiden vorher schon in Berufung gegangen sind, ist unklar. Aber die Revision ist das letzte Mittel, das die Angeklagten haben, um ihre Unschuld zu beweisen oder die Strafe zu reduzieren.

Leider konnte das BGH hier keinen Fehler feststellen! Zwar sei der THC-Wert nicht überschritten, doch ein Missbrauch zu Rauschzwecken kann nicht ausgeschlossen werden, da sich das THC ja vermehrt, wenn man es erhitzt. 

Schön wäre es! Leider wurde hier scheinbar nur sehr oberflächlich recherchiert oder man hat den Sachverhalt ganz einfach nicht verstanden.

Vermehrt sich THC, wenn man CBD-Blüten erhitzt?

Nein. Punkt.

Was passiert, wenn THC erhitzt wird?

Liebes BGH jetzt bitte gut aufpassen und mitschreiben: Damit THC “aktiviert” wird, muss es erhitzt werden, das ist richtig. Diesen Vorgang nennt man Decarboxylierung. Dabei wird es aber nicht vermehrt!

Wenn man bspw. einen Joint raucht, wird das THC durch die Erhitzung der Glut aktiviert. Dadurch hat der Joint eine (angenehm) berauschende Wirkung.

Wenn man Blüten über 150 Grad erhitzt, wird das THC sogar verdampft – es wird also weniger!

An dieser Stelle könnten weitere Absätze folgen, die auf die etlichen Studien über die Unbedenklichkeit und die vielen positiven Aspekte von Cannabis eingehen.

Kann man nun von CBD high werden?

In der Theorie schon. Dafür müsste man aber (laut BGH) mindestens 15 Gramm in einem Gebäck (zum Beispiel ein Brownie) verarbeiten und innerhalb kürzester Zeit verspeisen. Das ist in der Praxis nur folgendermaßen zu schaffen.

Damit dieses Gebäck schmeckt und irgendwie verzehrt werden könnte, müsste man die 15 Gramm auf eine große Gebäck-Masse verteilen und backen. Das wären mehrere Bleche Kuchen, die man dann umgehend essen und auch im Magen behalten muss.

Wenn man die 15 Gramm möglichst komprimiert in einen Brownie stopft und auf jegliche andere Zutaten verzichtet, hätte man immer noch sehr viel (trockene und unappetitliche) Masse, die man irgendwie herunterwürgen muss. Auch hier kommt man schnell an seine Grenzen bzw. wird man hinterfragen, ob der kleine Rausch diesen Aufwand rechtfertigt.

Scheinbares Missverständnis beim BGH

Also es gibt zahlreiche belegte Fakten, die irgendwas mit “THC” und “erhitzen” und „backen“ zu tun haben. Jetzt kann man vermuten, dass der zuständige Richter sich zu der Thematik belesen hat und es einfach falsch verstanden hat. 

Dieses gefährliche Halbwissen besiegelt nun das Schicksal der Angeklagten. 

Als Folge der abgewiesenen Revision bleiben den Angeklagten keine weiteren Rechtsmittel. Sie müssen dieses Urteil jetzt leider akzeptieren.

Welche Auswirkungen hat das Urteil?

Wenn Urteile auf Basis von willkürlichen Behauptungen gefällt werden, hat das weitreichende Folgen:

In diesem Fall ist es eine Zumutung für die Investitionssicherheit in Deutschland, wenn Negativschlagzeilen einen aufblühenden Industriezweig überschatten.

Potenzielle Kunden werden verunsichert, da sie jetzt befürchten, bei der Einnahme aus medizinischen Gründen versehentlich high zu werden.

Aktive Händler, die eh bereits unter widrigen Umständen wirtschaften müssen, können jetzt theoretisch alle belangt werden und überdenken ihr Geschäft womöglich.

Was können CBD-Händler tun?

Der Fall lehrt vor allem eins, wenn man als CBD-Händler juristischen Beistand benötigt, sucht man sich besser einen Anwalt, der etwas von der Thematik versteht.

Es gibt landesweit viele Beratungsstellen, bei denen man sich eine erste kostenlose Beratung von Juristen einholen kann. In Berlin kann man dafür bspw. den Stammtisch im Hanfmuseum aufsuchen.

Wegen Cannabis sollte niemand im Gefängnis sitzen, erst recht nicht, wenn es CBD ist.